Interview mit Johannes Munzinger (Passauer Neuen Presse) vom 14.6.2020
90 Jahre sind vergangen, seit Max Schmeling die Sensation gelang: Am 12. Juni 1930 krönte er sich als erster Deutscher zum Box-Weltmeister im Schwergewicht. Dieser Titel und sein überraschender Sieg gegen Joe Louis 1936 haben dafür gesorgt, dass Schmeling bis heute ein Held und Vorbild deutscher Boxer ist. Für einen von ihnen war er aber mehr als das. Josef Pitscheneder, 77, betreibt heute einen Campingplatz in Irring, doch in den 60er und 70er Jahren tat er sich auch als Amateurboxer hervor. Und damals wurde aus seinem Idol ein Freund.
Was hat Ihnen der Name Max Schmeling damals bedeutet?
Pitscheneder: Der war mein großes Vorbild. Als er seinen Weltmeistertitel geholt hat, war ich noch nicht auf der Welt. Aber jeder kannte Max Schmeling und jeder Boxer wollte so sein wie er.
Aus dem Vorbild wurde ein Freund. Wie haben Sie das angestellt?
Pitscheneder: Eigentlich auch durch Zufall. Mir kam damals einfach der Gedanke: Ich will den Schmeling besuchen! Ich habe dann einen großen Sportverlag angeschrieben, ob ich seine Adresse haben kann. Das hat ewig gedauert, aber irgendwann haben sie die Adresse rausgerückt. Also bin ich ganz spontan nach Hollenstedt in der Nordheide zu seinem Haus gefahren, mit einem großen Blumenstrauß in der Hand.
Wie hat er auf den spontanen Fan-Besuch reagiert?
Pitscheneder: Ich hatte schon Angst, dass er mich nicht sehen will. Erst kam seine Haushälterin, die war sehr freundlich. Und tatsächlich: Max Schmeling war daheim und hat mich empfangen. Viel Zeit hatte er an dem Tag aber nicht.
Wie war das, als Sie plötzlich vor Ihrem Helden standen?
Pitscheneder: Der Max war schon respekteinflößend. Aber was mich noch mehr beeindruckt hat, war, wie bodenständig, höflich und freundlich er war. Er war schon eine tolle Persönlichkeit.
Bei dem Besuch allein blieb es dann ja nicht.
Pitscheneder: Nein. Ich habe mir gesagt: „Den Kontakt lässt du jetzt nicht einschlafen.“ Nach meinem Besuch hat er mir einen Brief geschrieben, in dem er sich sehr für die Blumen und mein Kommen bedankt hat. Jedes Jahr zu Weihnachten und zu seinem Geburtstag habe ich ihm wieder Blumen geschickt, und er hat mir immer wieder Briefe geschrieben. 30 Stück habe ich daheim. Der Kontakt ging also weiter und ich war immer informiert. Den letzten Briefen sieht man an, dass der Max damals schon recht gezittert. Aber mei, so ist das, wir alle sind alt geworden. Jetzt ist er seit 15 Jahren tot. Aber die Erinnerung an ihn behalte ich bis zu meinem Ende.
Bildquellen
- josef-pitscheneder: Dreiflüsse Camping
- Max-schmeling: Wikipedia